Deutschland im Dauerkrisenmodus: Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs erreichen die Wirtschaft in den Nachwehen der Pandemie. Wie noch nie zuvor sind Unternehmen mit Schocks der Angebots- und Nachfrageseite konfrontiert. Wir zeigen Ihnen, welche Schritte der Einkauf jetzt einleiten sollte, damit Kosten im Zaum gehalten werden, die Liquidität gesichert wird – und wie die Rezession als Zugpferd einer Transformation eingespannt werden kann, damit Ihr Unternehmen gestärkt aus der Krise hervorgeht. 

Die Aussichten sind düster. Die deutsche Wirtschaft befindet sich auf direktem Kurs in die Rezession, so der einheitliche Tenor der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute. Demnach wird das deutsche Bruttoinlandsprodukt im letzten Quartal 2022 und Anfang 2023 schrumpfen. Auch der IWF korrigierte für Deutschland seine Wachstumsprognose für 2023 nach unten und sieht die Bundesrepublik in die Rezession schlittern.¹ ² 

„Der Winter 2023 wird wahrscheinlich noch schlimmer sein“

Gasengpässe, explodierende Energiepreise und hohe Inflationsraten treffen auf Fachkräftemangel und in Teilen noch pandemiebedingte Rohstoffknappheit. „Kurz gesagt, das Schlimmste kommt noch, und für viele Menschen wird sich 2023 wie eine Rezession anfühlen“, mahnte Pierre-Olivier Gourinchas. Besonders bitter: Kein großes Industrieland schneidet in den IWF-Prognosen schlechter ab als Deutschland. Laut IWF werde Deutschlands Volkswirtschaft im laufenden Jahr noch um 1,5 Prozent wachsen, 2023 aber um 0,3 Prozent schrumpfen.³

Und: Die Energiekrise in Europa sei „kein vorübergehender Schock“, vielmehr stehe im Zuge des Ukrainekriegs eine umfassende und dauerhafte geopolitische Neuordnung der Energieversorgung an. „Schon dieser Winter werde eine Herausforderung darstellen, aber der Winter 2023 wird wahrscheinlich noch schlimmer sein“, prophezeit der IWF. ⁴

Kaum geldpolitischer Spielraum  

Zudem sind den Zentralbanken die Hände gebunden. Die Teuerung lässt den Notenbanken kaum Spielraum, um mit einer expansiven Geldpolitik die Krise abzumildern. Vielmehr könnte eine zu laxe Zinspolitik die Inflationserwartungen befeuern und die Teuerung beschleunigen. Die Zeiten des billigen Geldes, an die sich Privatpersonen und Unternehmen seit der Finanzkrise gewöhnt haben, sind passé – mit erheblichen Auswirkungen.

Bei vielen geht es um die Existenz    

Das Konsumklima ist auf ein neues Rekordtief gestürzt. „Viele Haushalte sind momentan gezwungen, deutlich mehr Geld für Energie auszugeben beziehungsweise für deutlich höhere Heizkostenabrechnungen zurückzulegen. Entsprechend müssen sie bei anderen Ausgaben, wie zum Beispiel neuen Anschaffungen, sparen“, erklärte Rolf Bürkl, GfK-Konsumexperte⁵. Die niedrigen Konsumausgaben verstärken die rezessiven Tendenzen weiter. 

Mit Hakle und Görtz sind bereits zwei bekannte deutsche Traditionsunternehmen in die Insolvenz gerutscht. Politik und Wirtschaftsverbände warnen vor weiteren Firmenaufgaben. Laut einer Umfrage des Industrieverbands BDI sind die hohen Preise für Energie und Rohstoffe für 58 Prozent der Betriebe eine starke Herausforderung, für 34 Prozent geht es um die Existenz ⁶. 

Der Einkauf hat sich als Krisenmanager bewährt

Bereits in der Corana-Pandemie hat sich der Einkauf in vielen Unternehmen als stabilisierende Säule erwiesen. Dank seiner vielen Steuerungspunkte kann er unmittelbar auf die gesamte externe Kostenbasis einwirken, Cash freisetzen und somit zur Existenzsicherung beitragen. Kurzum: Der Einkauf ist ideal positioniert, um ambitionierte Budget- und Finanzvorgaben zu forcieren.   

Eine moderne Beschaffung beschränkt sich nicht auf Sparmaßnahmen, sondern hat immer auch die strategische Ausrichtung im Blick. Krisen bilden dabei die Möglichkeit für Neuerungen. Die Bereitschaft in unbekannten Gewässern zu schwimmen ist am größten, wenn das Wasser bis zum Hals steht. Wer jetzt die relevanten Enablers aufspürt, kann den Stellenwert des Einkaufs im Unternehmen erheblich steigern und transformieren. 

Lessons Learned  

Der Blick zurück auf frühere Krisen zeigt: Einige Unternehmen schlagen sich im Abschwung besser als andere und nehmen im Aufschwung schneller wieder Fahrt auf. Nach unserer Erfahrung sind dafür mehrere Faktoren entscheidend:

Outperformer in der Krise:

  • Vermeiden reines Cost Cutting nach dem Rasenmäher-Prinzip
  • Setzen Spar-Maßnahmen so auf, dass Ineffizienzen nachhaltig beseitigt werden
  • Sichern ihren finanziellen Spielraum durch die Generierung von Cash 
  • Gestalten den Wandel aktiv 
  • Investieren in strategische Neuausrichtung und digitale Transformation
  • Arbeiten crossfunktional zusammen

Das sind die Enabler für die Krise

Im Folgenden zeigen wir, wie der Einkauf zur akuten Krisenbewältigung schnelle messbare Erfolge liefern kann und zugleich den Weg für die mittel- bis langfristige Transformation ebnet. Basierend auf unserer Beratererfahrung und den Erfolgsfaktoren vergangener Krisen haben wir drei große Themen identifiziert: die Kostenführerschaft erlangen, den Break-Even-Point senken und das Working-Capital optimieren. In allen Bereichen lassen sich sowohl „Quick Wins“ erzielen als auch strategische Weichen für die Post-Rezessions-Ära stellen. Der Einfluss der Themen variiert nach Unternehmensgröße und Branche. Aber es lohnt sich, allen einmal Zeit und Ressourcen zu widmen!

 

 

 

Quellenverzeichnis

  1. Bardt, Hubertus / Demary, Markus / Grömling, Michael / Hentze, Tobias / Hüther, Michael / Obst, Thomas / Schaefer, Thilo / Schäfer, Holger, 2022, IW-Konjunkturprognose Herbst 2022. Konjunktureinbruch in Deutschland, IW-Report, Nr. 49, Köln
  2. Deutschland steuert direkt in die Rezession, tagesschau.de, 29.09.2022, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/rezession-deutschland-herbstgutachten-101.html 
  3. IWF senkt globale Wachstumsprognose, tagesschau.de, 11.10.2022, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/iwf-prognose-weltwirtschaft-105.html
  4. IWF-Ausblick, „Das Schlimmste steht noch bevor, Zeit Online, 11.10.202, https://www.zeit.de/wirtschaft/2022-10/weltwirtschaft-iwf-prognose-rezession-corona-krieg-inflation
  5. Gfk, Starke Kaufkrafteinbußen lassen Konsumklima weiter abstürzen, GfK-Pressemeldung vom 28.09.2022, https://www.gfk.com/de/presse/starke-kaufkrafteinbussen-lassen-konsumklima-weiter-abstuerzen
  6. Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. Lagebild im Industriellen Mittelstand: BDI-Blitzumfrage August/September 2022, Meldung vom 06.09.2022, https://bdi.eu/artikel/news/bdi-blitzumfrage-zum-lagebild-im-industriellen-mittelstand/